1.1 Was ist das?
Als juvenile SpA-ERA wird eine Gruppe chronisch entzündlicher Erkrankungen der Gelenke (Arthritis) sowie der Sehnen- und Bandansätze an bestimmten Knochen (Enthesitis) bezeichnet, die hauptsächlich die unteren Gliedmaßen und in einigen Fällen die Becken- und Wirbelsäulengelenke betreffen (Sacroiliitis - Gesäßschmerzen und Spondylitis - Rückenschmerzen). Die juvenile SpA-ERA kommt bei Menschen mit positivem Bluttest auf den genetischen Faktor HLA-B27 signifikant häufiger vor. HLA-B27 ist ein Protein, das auf der Oberfläche von Immunzellen zu finden ist. Interessanterweise erkrankt nur ein Bruchteil der Menschen, bei denen das HLA-B27-Gen nachweisbar ist, tatsächlich an Arthritis. Daher ist der Nachweis von HLA-B27 diagnostisch nicht ausreichend und kann den Ausbruch der Erkrankung nicht erklären. Bis heute ist die genaue Rolle von HLA-B27 bei der Entstehung der Erkrankung unbekannt. Man weiß jedoch, dass dem Ausbruch der Arthritis in sehr wenigen Fällen eine Infektion des Magen-Darm- oder des Urogenital-Trakts vorangeht (reaktive Arthritis). Die juvenile SpA-ERA weist einen engen Zusammenhang mit der Spondyloarthritis bei Erwachsenen (Morbus Bechterew) auf, und die meisten Forscher glauben, dass diese Erkrankungen dieselbe Ursache und gleiche Merkmale haben. Die meisten Kinder und Jugendlichen mit juveniler Spondyloarthritis leiden auch unter Enthesitis-assoziierter Arthritis (ERA) und sogar unter Psoriasis-Arthritis. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnungen „juvenile Spondyloarthritis", „Enthesitis-assoziierte Arthritis" und in einigen Fällen „Psoriasis-Arthritis" aus klinischer und therapeutischer Perspektive gleichbedeutend sein können.
1.2 Welche Erkrankungen werden als juvenile SpA-ERA bezeichnet?
Wie bereits oben erwähnt ist juvenile Spondyloarthritis die Bezeichnung für eine Gruppe von Krankheiten, deren klinische Merkmale sich überschneiden können. Die Gruppe umfasst u. a. axiale und periphere Spondyloarthritis, Spondylitis ankylosans, undifferenzierte Spondyloarthritis, Psoriasis-Arthritis, reaktive Arthritis, Morbus-Crohn-assoziierte Arthritis sowie Colitis ulcerosa. Die Enthesitis-assoziierte Arthritis und die Psoriasis-Arthritis sind zwei unterschiedliche Krankheitsbilder in der JIA-Klassifizierung und gelten als juvenile SpA.
1.3 Wie häufig tritt die Erkrankung auf?
Die juvenile SpA-ERA ist eine der häufigsten Formen der chronischen Arthritis im Kindes- und Jugendalter und tritt häufiger bei Jungen als bei Mädchen auf. Abhängig vom jeweiligen Teil der Welt kann sie bis zu 30% der chronischen Arthritis im Kindes- und Jugendalter ausmachen. In den meisten Fällen treten erste Symptome im Alter ab ca. 6 Jahre auf. Da ein großer Anteil der Patienten (bis zu 85 %) mit juveniler SpA-ERA Träger des HLA-B27-Gens ist, hängt die Häufigkeit von SpA im Erwachsenenalter und die von juveniler SpA-ERA in der Allgemeinbevölkerung und selbst in bestimmten Familien von der Häufigkeit dieses Markers in der normalen Bevölkerung ab.
1.4 Was sind die Ursachen der Erkrankung?
Die Ursache der juvenilen SpA-ERA ist unbekannt. Es besteht jedoch eine genetische Veranlagung. Die meisten Patienten sind männlichen Geschlechts, viele tragen das HLA-B27-Gen und einige andere Gene. Heute geht man davon aus, dass das mit der Erkrankung einhergehende HLA-B27-Molekül (eine Verbindung, die bei 99 % der Bevölkerung mit HLA-B27 nicht auftritt) nicht ordnungsgemäß synthetisiert wird, und dass es, wenn es mit den Zellen und deren Produkten (hauptsächlich entzündungsfördernde Substanzen) interagiert, die Erkrankung auslöst. Dennoch ist es wichtig zu betonen, dass HLA-B27 nicht die Ursache der Erkrankung, sondern eher ein Anfälligkeitsfaktor ist.
1.5 Ist die Erkrankung vererbbar?
Männliches Geschlecht, HLA-B27 und andere Gene erhöhen die Anfälligkeit von Kindern, an juveniler SpA-ERA zu erkranken. Darüber hinaus ist bekannt, dass bis zu 20 % der Patienten mit dieser Diagnose Angehörige ersten oder zweiten Grades haben, die daran erkrankt sind. Somit kann die juvenile SpA-ERA eine familiäre Häufung aufweisen. Dennoch kann man nicht sagen, dass die juvenile SpA-ERA vererbbar ist, da nur 1 % der Träger des HLA-B27-Gens daran erkranken. Anders herum gesagt werden 99 % der Menschen mit dem HLA-B27-Gen niemals SpA-ERA bekommen. Darüber hinaus ist die Anfälligkeit je nach ethnischer Gruppenzugehörigkeit unterschiedlich.
1.6 Kann der Erkrankung vorgebeugt werden?
Eine Vorbeugung ist nicht möglich, da die Ursache der Erkrankung noch unbekannt ist. Es ist nicht sinnvoll, Geschwister oder Verwandte auf HLA-B27 zu untersuchen, wenn sie keine Symptome der juvenilen SpA-ERA aufweisen.
1.7 Ist sie ansteckend?
Die juvenile SpA-ERA ist keine ansteckende Krankheit, selbst dann nicht, wenn sie durch eine Infektion ausgelöst wird. Außerdem erkranken nicht alle Menschen, die zum selben Zeitpunkt mit denselben Bakterien infiziert werden, an juveniler SpA-ERA.
1.8 Welches sind die Hauptsymptome?
Die juvenile SpA-ERA weist gängige klinische Merkmale auf.
Arthritis
Zu den häufigsten Symptomen zählen Gelenkschmerzen und Schwellungen sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke.
Viele Kinder leiden unter einer Oligoarthritis der unteren Gliedmaßen. Oligoarthritis bedeutet, dass die Erkrankung maximal vier oder weniger Gelenke befallen hat. Die Patienten können bei chronischem Verlauf eine Polyarthritis entwickeln. Polyarthritis bedeutet, dass fünf oder mehr Gelenke beteiligt sind. Die am häufigsten betroffenen Gelenke sind das Knie, das Sprunggelenk, der Mittelfuß und die Hüfte; seltener sind auch die kleinen Gelenke des Fußes von Arthritis betroffen.
Bei einigen Kindern kann die Arthritis in den Gelenken der oberen Gliedmaßen, insbesondere in den Schultern, auftreten.
Enthesitis
Enthesitis, eine Entzündung der Enthesis (Übergang von Sehnen oder Bändern auf den Knochen) ist die zweithäufigste Erscheinungsform bei Kindern mit SpA-ERA. Betroffen sind häufig die Sehnen- und Bänderansätze an Ferse, Mittelfuß und rund um die Kniescheibe. Zu den häufigsten Symptomen zählen Fersenschmerzen, Schwellungen und Schmerzen des Mittelfußes und Schmerzen der Kniescheibe. Eine chronische Enthesitis kann zur Entstehung von knöchernem Sporn (Knochenwulstungen) führen, der in vielen Fällen Fersenschmerzen hervorruft.
Sacroiliitis
Sacroiliitis bezieht sich auf die Entzündung des Iliosakralgelenks, das sich im hinteren Teil des Beckens befindet. Diese Erkrankung tritt während der Kindheit selten auf und bricht am häufigsten 5 bis 10 Jahre nach dem Beginn der Arthritis aus.
Zu den gängigsten Symptomen zählen wiederkehrende Gesäßschmerzen.
Rückenschmerzen, Spondylitis
Eine Beteiligung der Wirbelsäule ist zu Beginn der Krankheit sehr selten und kann bei einigen Kindern im weiteren Krankheitsverlauf auftreten. Zu den häufigsten Symptomen zählen nächtliche Rückenschmerzen, Morgensteifigkeit und eingeschränkte Beweglichkeit. Die Rückenschmerzen gehen häufig mit Nackenschmerzen und in seltenen Fällen mit Schmerzen des Brustkorbs einher. Die Erkrankung kann bei einigen Patienten erst viele Jahre nach Ausbruch der Krankheit zu überschiessender Knochenbildung und nachfolgend einer knöchernen Überbrückung der Wirbelkörper führen. Daher wird sie bei Kindern fast nie diagnostiziert.
Augenbeteiligung
Bei der akuten Uveitis anterior handelt es sich um eine Entzündung der Regenbogenhaut (Iris) des Auges. Obwohl es eine seltene Komplikation ist, kann sie doch bei bis zu einem Drittel der Patienten im Verlauf der Erkrankung einmal oder mehrere Male auftreten. Die akute Uveitis anterior macht sich durch Augenschmerzen, Rötung und verschwommenes Sehen bemerkbar. Diese Symptome können über mehrere Wochen andauern. In der Regel ist ein Auge betroffen, wobei jedoch ein wiederkehrendes Muster vorliegt. Der betroffene Patient muss unverzüglich von einem Augenarzt untersucht werden. Diese Art von Uveitis unterscheidet sich von der Form der Uveitis, die bei Mädchen mit Oligoarthritis und antiknukleären Antikörpern auftritt.
Hautbeteiligung
Bei einer kleinen Untergruppe von Kindern mit juveniler SpA-ERA kann eine Psoriasis vorliegen bzw. sie können an Psoriasis erkranken. Bei diesen Patienten trifft die Einteilung als Enthesitis-assoziierte Arthritis (ERA) nicht zu, und die Erkrankung muss der Psoriasis-Arthritis zugeordnet werden. Bei der Psoriasis handelt es sich um eine chronisch entzündliche Hautkrankheit mit schuppigen Hautflechten, die meistens über Ellbogen und Knien zu finden sind. Die Hautkrankheit kann viele Jahre vor der Arthritis auftreten. Bei anderen Patienten kann die Arthritis bereits viele Jahre vor Auftreten der ersten Psoriasis-Zeichen bestehen.
Darmbeteiligung
Einige Kinder mit entzündlichen Darmerkrankungen, wie z. B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, können eine Spondyloarthritis entwickeln. Darmerkrankungen gehören nicht zu den Erscheinungsformen der ERA. Bei einigen Kindern zeigt die entzündliche Darmerkrankung einen leichten Verlauf (subklinisch) ohne Darmsymptome, wohingegen jedoch die Gelenksymptomatik schwerwiegender ist und eine spezielle Behandlung erfordert.
1.9 Verläuft die Erkrankung bei jedem Kind gleich?
Es gibt ein breites Spektrum. Während die Erkrankung bei einigen Kindern einen leichten, kurzen Verlauf nimmt, leiden andere unter einer schweren, langanhaltenden und invalidisierenden Erkrankung. Daher ist es möglich, dass bei vielen Kindern über mehrere Wochen nur ein Gelenk beteiligt ist (z. B. ein Knie) und danach im ganzen Leben niemals wieder ein ähnliches Beschwerdebild oder weitere Symptome auftreten, während andere Kinder unter anhaltenden Symptomen leiden, die sich auf mehrere Gelenke, die Sehnen- und Bänderansätze sowie die Wirbelsäulengelenke und das Iliosakralgelenk erstrecken.
1.10 Unterscheidet sich die Erkrankung bei Kindern und Erwachsenen?
Die Anfangssymptome der juvenilen SpA-ERA unterscheiden sich von den Symptomen der SpA bei Erwachsenen, doch die meisten Daten legen nahe, dass sie dennoch zum selben Krankheitsspektrum gehören. Bei Kindern zeigen sich bei Krankheitsbeginn eher die peripheren Gelenke (Gelenke der Gliedmaßen) betroffen, während bei Erwachsenen häufiger eine axiale Beteiligung (Wirbelsäulengelenke und Iliosakralgelenk) zu beobachten ist. Die Krankheit nimmt bei Kindern einen schwereren Verlauf als bei Erwachsenen.
2.1 Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Die Diagnose einer juvenilen SpA-ERA wird gestellt, wenn der Krankheitsbeginn vor dem 17. Lebensjahr liegt, die Arthritis seit mehr als 6 Wochen andauert und die Merkmale dem oben beschriebenen klinischen Muster entsprechen (siehe Definition und Symptome). Sonderformen der SpA-ERA (wie z. B. Spondylitis ankylosans, reaktive Arthritis usw.) werden aufgrund von speziellen klinischen und radiologischen Merkmalen diagnostiziert. Die betroffenen Patienten müssen unbedingt von einem Kinderrheumatologen oder von einem Erwachsenen-Rheumatologen, der Erfahrung in der Therapie von kindlichem Rheuma hat, behandelt und nachbetreut werden.
2.2 Welche Bedeutung haben Laboruntersuchungen/-tests?
Ein positiver HLA-B27-Test kann die Diagnose der juvenilen SpA-ERA, insbesondere bei Kindern, die nur ein Symptom aufweisen (monosymptomatisch), stützen. Es ist sehr wichtig darauf hinzuweisen, dass weniger als 1 % der Menschen mit diesem Marker an einer Spondyloarthritis erkrankt und dass die Häufigkeit von HLA-B27 in der Allgemeinbevölkerung je nach Teil der Welt bis zu 12 % betragen kann. Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass die meisten Kinder und Jugendlichen irgendeine Sportart ausüben und dass diese Art von körperlicher Betätigung zu Verletzungen führen kann, die den Anfangssymptomen der juvenilen SpA-ERA ähneln. Daher beruht die Diagnose nicht alleine auf dem Nachweis von HLA-B27, sondern vielmehr auf dem Vorliegen dieses Gens in Kombination mit anderen typischen Zeichen und Symptomen einer SpA-ERA.
Untersuchungen wie die Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) oder des C-reaktiven Proteins (CRP) liefern unspezifische Informationen über allgemeine Entzündungen und daher indirekt auch über die Aktivität der entzündlichen Erkrankung. Daher sind sie zur Behandlung der Erkrankung nützlich, auch wenn sich diese eher auf das klinische Erscheinungsbild als die Laboruntersuchungen stützen sollte. Laboruntersuchungen dienen darüber hinaus dazu, den Patienten im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen der Behandlung zu überwachen (Blutbild, Leber- und Nierenfunktion).
Röntgenuntersuchungen können nützlich sein, um den Verlauf der Erkrankung zu überwachen und die durch die Erkrankung verursachten Gelenkschäden zu bewerten. Doch bei Kindern mit SpA-ERA haben Röntgenuntersuchungen einen eingeschränkten Wert. Da die Ergebnisse der Röntgenuntersuchungen bei den meisten Kindern unauffällig sind, müssen Ultraschalluntersuchungen oder Kernspintomographie-Aufnahmen (MRT) der Gelenke und Sehnen- und Bänderansätze angefertigt werden, um die frühen Entzündungszeichen der Erkrankung aufzudecken. Mit MRT-Aufnahmen können Entzündungen des Iliosakralgelenks bzw. der Wirbelsäule ohne Strahlenbelastung nachgewiesen werden. Eine Ultraschalluntersuchung der Gelenke, einschließlich Power-Doppler-Signal, kann ein besseres Bild über das Vorliegen und den Schweregrad von peripherer Arthritis und Enthesitis (an den Gliedmaßen) vermitteln.
2.3 Kann die Erkrankung behandelt/geheilt werden?
Leider gibt es noch keine Heilung für die SpA-ERA, da ihre Ursache nicht bekannt ist. Doch mit den aktuellen Therapieansätzen lässt sich die Krankheitsaktivität wirksam kontrollieren und Schädigungen der Körperstrukturen möglicherweise verhindern.
2.4 Welche Behandlungen stehen zur Verfügung?
Die Behandlung besteht hauptsächlich daraus, dass der Patient Medikamente und Physiotherapie/Rehabilitationsmaßnahmen bekommt, die der Erhaltung der Gelenkfunktion und der Vorbeugung von Verformungen dienen. Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass nur Arzneimittel eingesetzt werden können, die eine Zulassung durch die örtlichen Überwachungsbehörden erhalten haben.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
Hierbei handelt es sich um symptomatische Medikamente, die eine entzündungshemmende und fiebersenkende Wirkung haben. Symptomatisch bedeutet, dass sie in der Lage sind, die entzündungsbedingten Symptome unter Kontrolle zu bringen. Bei Kindern werden am häufigsten Naproxen, Diclofenac und Ibuprofen eingesetzt. Diese Medikamente sind in der Regel gut verträglich und Magenbeschwerden, die häufigste Nebenwirkung, treten bei Kindern selten auf. Von einer Kombinationstherapie aus verschiedenen NSAR wird abgeraten. Es kann jedoch notwendig sein, von einem NSAR auf ein anderes umzustellen, wenn sich dieses als unwirksam erwiesen hat oder Nebenwirkungen aufgetreten sind.
Kortikosteroide
Diese Medikamente spielen eine Rolle in der kurzfristigen Behandlung von Patienten mit schweren Symptomen. Topische Kortikosteroide (Augentropfen) werden zur Behandlung der akuten Uveitis anterior eingesetzt. In schwereren Fällen können Injektionen rund um den Augapfel oder die Verabreichung von systemischen Kortikosteroiden erforderlich sein. Wenn Kortikosteroide zur Behandlung von Arthritis und Enthesitis verschrieben werden, sollte beachtet werden, dass es keine ausreichenden Studien über deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei Kindern mit SpA-ERA gibt; in einigen Fällen wird die Anwendung durch Expertenmeinungen gestützt.
Sonstige Behandlungen (langwirksame Antirheumatika, DMARD)
Sulfasalazin
Dieses Medikament ist bei Kindern mit Beteiligung der Gliedmaßen angezeigt, deren Symptome sich trotz angemessener NSAR-Therapie und/oder Kortikosteroid-Injektionen in die entzündlichen Veränderungen nicht zurückbilden. Sulfasalazin wird zusätzlich zur bereits eingeleiteten NSAR-Therapie verabreicht (diese muss fortgesetzt werden), und seine Wirkung kann erst nach mehreren Behandlungswochen oder -monaten eintreten. Es liegen jedoch nur beschränkte Nachweise über die Wirksamkeit von Sulfasalazin bei Kindern vor. Die Wirksamkeit von Methotrexat, Leflunomid oder Malaria-Mitteln bei juveniler SpA-ERA ist nicht gut durch Studiendaten belegt. Dennoch können diese DMARDS, mit allerdings sehr unterschiedlichem Erfolg zur Behandlung dieser Erkrankung eingesetzt werden.
Biologika
Im Frühstadium der Erkrankung wird die Behandlung mit Anti-TNF-Wirkstoffen (TNF = Tumornekrosefaktor) empfohlen, da diese Medikamente eine signifikante Wirksamkeit bei der Behandlung der Entzündungssymptome besitzen. Es gibt Studien über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dieser Medikamente, die deren Anwendung bei Patienten mit schwerer juveniler SpA-ERA stützen. Diese Studien wurden den Gesundheitsbehörden vorgelegt, die gegenwärtig prüfen, ob eine Zulassung für die Anwendung bei SpA-ERA erteilt werden kann. In einigen europäischen Ländern sind Anti-TNF-Wirkstoffe bereits zur Anwendung bei Kindern zugelassen.
Gelenkinjektionen (Gelenkeinspritzungen)
Gelenkinjektionen werden verabreicht, wenn nur ein Gelenk oder sehr wenige Gelenke betroffen sind und eine anhaltende Gelenkkontraktur (Gelenksteife) zu Verformungen führen könnte. In der Regel werden langwirksame Kortikosteroid-Zubereitungen injiziert. Es wird empfohlen, Kinder stationär aufzunehmen und den Eingriff unter Narkose durchzuführen, damit optimale Bedingungen gewährleistet sind.
Orthopädische Operation
Hauptgrund für einen chirurgischen Eingriff ist ein prothetischer Gelenkersatz im Falle von schweren Gelenkschäden, insbesondere in der Hüfte. Dank der zunehmend wirksameren medikamentösen Therapien sind immer weniger orthopädische Operationen notwendig.
Physiotherapie
Die Physiotherapie ist eine wichtige Komponente der Behandlung. Sie muss früh beginnen und regelmäßig stattfinden, um die Beweglichkeit aufrechtzuerhalten, die Muskeln auszubilden und zu stärken und Gelenkverformungen zu verhindern, einzudämmen oder zu korrigieren. Wenn die axiale Beteiligung überwiegt, muss außerdem die Wirbelsäule mobilisiert und Atemübungen durchgeführt werden.
2.5 Welche Nebenwirkungen haben medikamentöse Therapien?
Die zur Behandlung der juvenilen SpA-ERA eingesetzten Medikamente sind in der Regel gut verträglich.
Magenunverträglichkeiten, die häufigste Nebenwirkung von NSAR (die daher mit dem Essen einzunehmen sind), treten bei Kindern seltener auf als bei Erwachsenen. NSAR können einen erhöhten Blutspiegel bestimmter Leberenzyme verursachen; doch dieses Ereignis tritt außer bei Aspirin selten auf.
Sulfasalazin ist einigermaßen gut verträglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Magenprobleme, erhöhte Leberenzyme, erniedrigte Zahl weißer Blutkörperchen, und Hautreaktionen. Regelmäßige Laboruntersuchungen sind erforderlich, um den Patienten im Hinblick auf eine mögliche Vergiftung (Toxizität) durch das Medikament zu überwachen.
Die Langzeitbehandlung mit hochdosierten Kortikosteroiden ist mit mäßigen bis schweren Nebenwirkungen, einschließlich Wachstumsstörungen und Osteoporose, verbunden. Kortikosteroide in hohen Dosierungen verursachen ein gesteigertes Hungergefühl, was wiederum zu ausgeprägter Adipositas führen kann. Es ist daher wichtig, das betroffene Kind dazu anzuhalten, Nahrungsmittel zu essen, die seinen Hunger stillen können, ohne jedoch gleichzeitig die Kalorienaufnahme zu erhöhen.
Die Behandlung mit Biologika (TNF-Hemmer) kann mit einer höheren Infektionshäufigkeit einhergehen. Vorbeugende Untersuchungen auf (latente) Tuberkulose sind zwingend erforderlich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine Hinweise auf eine erhöhte Häufigkeit von bösartigen Tumoren (mit Ausnahme einiger Formen von Hautkrebs bei Erwachsenen).
2.6 Wie lange sollte die Behandlung durchgeführt werden?
Die symptomatische Behandlung sollte solange fortgesetzt werden wie die Symptome und die Krankheitsaktivität andauern. Die Dauer der Erkrankung ist nicht vorhersagbar. Bei einigen Patienten spricht die Arthritis sehr gut auf die NSAR an. Bei diesen Patienten kann die Behandlung früh, bereits nach wenigen Monaten, wieder abgesetzt werden. Bei anderen Patienten mit einem langwierigeren oder aggressiveren Krankheitsverlauf müssen Sulfasalazin und andere Arten von Medikamenten über viele Jahre eingenommen werden. Eine vollständiges Absetzen der Medikamente kann in Erwägung gezogen werden, wenn es unter Medikamententherapie zu einem anhaltenden und vollständigen Abklingen der Krankheit gekommen ist.
2.7 Gibt es alternative/ergänzende Therapien?
Es gibt zahlreiche ergänzende und alternative Therapien, so dass dies ein verwirrendes Thema für Patienten und ihre Angehörigen sein kann. Sie sollten sorgfältig über die Risiken und Nutzen solcher Therapien nachdenken, da deren Nutzen nur unzureichend nachgewiesen wurde und sie sowohl in Bezug auf den zeitlichen Aufwand, die Belastung für das Kind und auch die Kosten unverhältnismäßig sein können. Wenn Sie ergänzende und alternative Therapien ausprobieren möchten, besprechen Sie diese Möglichkeiten bitte mit Ihrem Kinderrheumatologen. Bei einigen dieser Therapien können Wechselwirkungen mit den konventionellen Medikamenten auftreten. Die meisten Ärzte stehen alternativen Therapien nicht ablehnend gegenüber, sofern Sie sich an die ärztlichen Anweisungen halten. Es ist sehr wichtig, dass Ihr Kind die verschriebenen Medikamente nicht absetzt. Wenn Medikamente notwendig sind, um die Erkrankung zu kontrollieren, kann es sehr gefährlich sein, diese abzusetzen, während die Krankheit noch aktiv ist. Bitte besprechen Sie alle Fragen zu Medikamenten mit dem behandelnden Arzt Ihres Kindes.
2.8 Wie lange dauert die Erkrankung? Wie sieht die Langzeitentwicklung (Prognose) der Erkrankung aus?
Der Krankheitsverlauf kann von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Bei einigen Patienten bildet sich die Arthritis unter Behandlung sehr schnell zurück. Bei anderen Patienten wechseln sich Phasen der Rückbildung und des Wiederauftretens der Symptome ab. Bei der dritten Gruppe schließlich bleibt die Arthritis dauerhaft bestehen, ohne jemals abzuklingen. Bei der Mehrheit der Patienten sind die Symptome bei Krankheitsbeginn auf die Gelenke der Gliedmaßen und die Sehnen- und Bandansätze beschränkt. Mit fortschreitender Erkrankung kann es bei einigen Kindern und Jugendlichen zu einer Beteiligung des Iliosakralgelenks und der Wirbelsäulengelenke kommen. Bei Patienten mit anhaltender peripherer Arthritis und axialer Symptomatik besteht ein höheres Risiko für Gelenkschäden im Erwachsenenalter. Es ist jedoch nicht möglich, das langfristige Ergebnis schon bei Ausbruch der Erkrankung vorherzusagen. Vielmehr kann eine angemessene Behandlung den Krankheitsverlauf und ihre Prognose beeinflussen.
3.1 Wie wirkt sich die Erkrankung auf das Alltagsleben des Kindes und seiner Angehörigen aus?
Wenn die Arthritis aktiv ist, muss fast jedes Kind Einschränkungen im Alltagsleben hinnehmen. Da die Erkrankung oft die unteren Gliedmaßen betrifft, sind Gehen und Sporttreiben die Aktivitäten, die am häufigsten eingeschränkt sind. Eine positive Einstellung der Eltern, die ihr Kind unterstützen und zu Selbstständigkeit und körperlicher Aktivität ermutigen, ist extrem wichtig, damit das Kind die mit der Krankheit verbundenen Probleme bewältigen kann, von seinen Mitschülern und Altersgenossen anerkannt wird und eine selbstständige und ausgeglichene Persönlichkeit entwickeln kann. Wenn die Familie mit der Belastung nicht fertig wird oder Schwierigkeiten hat, mit der Krankheit umzugehen, muss psychologische Hilfe in Anspruch genommen werden. Die Eltern müssen ihr Kind bei den krankengymnastischen Übungen unterstützen und es dazu anhalten, die verschriebenen Medikamente einzunehmen.
3.2 Was ist mit der Schule?
Es gibt einige Faktoren, die zu Fehltagen führen können: Gehprobleme, Müdigkeit, Schmerzen oder Steifigkeit. Daher ist es wichtig, die Lehrer über die möglichen Bedürfnisse des Kindes aufzuklären: geeignete Tische und regelmäßige Bewegung während des Unterrichts, um einer Gelenksteifigkeit vorzubeugen. Sofern möglich sollten die Patienten am Turnunterricht teilnehmen. In diesem Fall sollten dieselben Aspekte bedacht werden, die nachfolgend in Bezug auf sportliche Aktivitäten besprochen werden. Wenn die Erkrankung erst einmal unter Kontrolle gebracht wurde, dürfte das Kind keine Probleme mehr haben, an denselben Aktivitäten wie seine gesunden Altersgenossen teilzunehmen.
Die Schule ist für ein Kind dasselbe wie die Arbeit für einen Erwachsenen: ein Ort, an dem es lernt, sich zu einer selbstständigen und produktiven Persönlichkeit zu entwickeln. Eltern und Lehrer müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um es dem betroffenen Kind zu ermöglichen, normal an den schulischen Aktivitäten teilzunehmen, damit das Kind nicht nur schulische Erfolge erzielen kann, sondern es auch die Möglichkeit erhält, von seinen Altersgenossen und den Erwachsenen anerkannt und geschätzt zu werden.
3.3 Was ist mit Sport?
Sportliche Aktivitäten gehören zu den elementaren Dingen im Alltag jedes normalen Kindes. Empfohlen werden Sportarten, bei denen es zu keiner oder nur einer minimalen mechanischen Belastung der Gelenke kommt. Dazu zählen Schwimmen oder Radfahren.
3.4 Was ist mit der Ernährung?
Es liegen keine Hinweise vor, dass die Ernährung einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung hat. Im Allgemeinen sollte sich das Kind ausgewogen, normal und altersentsprechend ernähren. Patienten, die mit Kortikosteroiden behandelt werden, sollten darauf achten, nicht zu viel zu essen, da diese Medikamente appetitanregend sind.
3.5 Kann das Klima den Verlauf der Erkrankung beeinflussen?
Es liegen keine Hinweise vor, dass das Klima einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung hat.
3.6 Darf das Kind geimpft werden?
Werden Patienten entweder mit NSAR und/oder Sulfasalazin behandelt, sollte der normale Impfplan eingehalten werden. Bei Patienten, die mit hochdosierten Kortikosteroiden oder Biologika behandelt werden, sollte auf eine Impfung mit Lebendimpfstoffen (wie z. B. gegen Röteln, Masern, Mumps, Polio Sabin) verzichtet werden. Diese Impfungen sollten aufgrund des möglichen Risikos einer Ausbreitung der Infektionen infolge der reduzierten Immunabwehr verschoben werden. Impfstoffe, die nicht aus lebenden Mikroorganismen hergestellt werden, sondern nur infektiöse Proteine enthalten (gegen Tetanus, Diphtherie, Polio Salk, Hepatitis B, Keuchhusten, Pneumokokken, Haemophilus, Meningokokken), dürfen verabreicht werden. Theoretisch kann die Immunosuppression die Wirkung der Impfung verringern oder aufheben.
3.7 Was ist hinsichtlich Sexualleben, Schwangerschaft und Empfängnisverhütung zu beachten?
Die Erkrankung bringt keine Einschränkungen in Bezug auf das Sexualleben oder Schwangerschaften mit sich. Dennoch sollten Patientinnen, die Medikamente einnehmen, stets sehr vorsichtig wegen der möglichen toxischen Wirkungen der Arzneimittel auf das Ungeborene sein. Trotz der genetischen Komponente der Erkrankung ist es nicht nötig, auf Kinder zu verzichten. Die Erkrankung ist nicht tödlich, und selbst wenn die genetische Veranlagung vererbt wird, ist die Wahrscheinlich groß, dass Geschwister nicht an einer Form der juvenilen SpA-ERA erkranken.
3.8 Kann das Kind ein normales Erwachsenenleben führen?
Dies ist eines der Hauptziele der Therapie und kann in der Mehrheit der Fälle erreicht werden. Die Therapien für diese Arten von Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter haben sich in den letzten Jahren dramatisch verbessert. Durch die Kombination aus pharmakologischer Behandlung und Rehabilitation können mittlerweile bei den meisten Patienten Gelenkschäden verhindert werden.