Systemischer Lupus Erythematodes 


Version von 2016
diagnosis
treatment
causes
Systemic Lupus Erythematosus
Systemischer Lupus Erythematodes
Antiphospholipid-Antikörper, Neonataler Lupus
evidence-based
consensus opinion
2016
PRINTO PReS



1. WAS IST SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

1.1 Was ist das?
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die verschiedene Körperorgane, insbesondere Haut, Gelenke, Blut, Nieren und das zentrale Nervensystem befallen kann. „Chronisch" bedeutet, dass die Erkrankung über einen langen Zeitraum bestehen bleiben kann. „Autoimmun" bedeutet, dass eine Fehlfunktion des Immunsystems vorliegt, das das körpereigene Gewebe des Patienten angreift, anstatt den Körper vor Bakterien und Viren zu schützen.
Die Bezeichnung „systemischer Lupus erythematodes" geht ins frühe 20. Jahrhundert zurück. „Systemisch" bedeutet, dass viele Körperorgane betroffen sind. Das Wort „lupus" stammt vom lateinischen Wort für „Wolf" und bezieht sich auf den typischen schmetterlingsförmigen Ausschlag im Gesicht, der an die weißen Linien im Gesicht eines Wolfs erinnert. „Erythematosus" ist das griechische Wort für „rot" und verweist auf die Röte des Hautausschlags.

1.2 Wie häufig tritt systemischer Lupus erythematodes auf?
SLE tritt weltweit auf. Die Erkrankung scheint häufiger bei Menschen mit afroamerikanischer, südamerikanischer, asiatischer und indischer Herkunft vorzukommen. In Europa leidet ungefähr 1 von 2.500 Menschen an SLE, und ca. 15 % aller Lupus-Patienten erhalten die Diagnose vor ihrem 18. Lebensjahr. Selten tritt SLE vor dem 5. Lebensjahr und nur gelegentlich vor der Pubertät auf. Für SLE, der vor dem 18. Lebensjahr festgestellt wird, gibt es verschiedene Bezeichnungen: pädiatrischer SLE, juveniler SLE und SLE im Kindes- und Jugendalter. Frauen im gebärfähigen Alter (15 bis 45) sind am häufigsten betroffen. In dieser speziellen Altersgruppe beträgt das Verhältnis zwischen betroffenen weiblichen und männlichen Patienten 9 zu 1. Vor der Pubertät ist der Anteil an SLE erkrankten Jungen noch höher; ca. 1 von 5 Kindern mit SLE ist männlich.

1.3 Was sind die Ursachen der Erkrankung?
SLE ist nicht ansteckend. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Abwehrsystem seine Fähigkeit verliert, zwischen fremden Substanzen und den Geweben und Zellen des eigenen Körpers zu unterscheiden. Das Immunsystem ist fehlgeleitet und stellt neben anderen Substanzen auch Autoantikörper her, die die körpereigenen normalen Zellen des Patienten als fremd ansehen und angreifen. Das Ergebnis ist eine Autoimmunreaktion, die zu einer Entzündung bestimmter Organe (Gelenke, Nieren, Haut usw.) führt. Entzündet bedeutet, dass die betroffenen Körperteile rot werden, anschwellen und manchmal druckempfindlich werden. Wenn die Entzündungszeichen wie im Fall von SLE über einen langen Zeitraum bestehen, kann es zu einer Schädigung des Gewebes und einer Störung der normalen Funktion kommen. Deshalb zielt die Behandlung von SLE darauf ab, die Entzündung zu reduzieren.
Die Ursache der fehlgeleiteten Abwehrreaktion besteht vermutlich in einer Kombination aus verschiedenen ererbten Risikofaktoren und unbekannten, erworbenen Faktoren. Es ist bekannt, dass SLE durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden kann. Dazu zählen ein hormonelles Ungleichgewicht während der Pubertät, Stress und Umweltfaktoren wie Sonnenexposition, Virusinfektionen und Medikamente (z. B. Isoniazid, Hydralazin, Procainamid und krampflösende Mittel).

1.4 Ist die Erkrankung vererbbar?
SLE kann familiär gehäuft vorkommen. Kinder erben einige bisher noch unbekannte genetische Faktoren von ihren Eltern, die ihre Anfälligkeit, an SLE zu erkranken, erhöhen. Auch wenn sie nicht an SLE erkranken, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür dennoch höher. Ein eineiiger Zwilling hat beispielsweise ein Risiko von bis zu 50 % an SLE zu erkranken, wenn beim anderen Zwilling ein SLE diagnostiziert wird. Zum Nachweis von SLE stehen keine genetischen Tests oder pränatalen Diagnoseinstrumente zur Verfügung.

1.5 Kann der Erkrankung vorgebeugt werden?
SLE lässt sich nicht verhindern. Doch das betroffene Kind sollte bestimmte Situationen meiden, die Krankheitsschübe auslösen können (z. B. Sonnenlichtexposition ohne Sonnenschutzmittel, einige Virusinfektionen, Stress, Hormone und bestimmte Medikamente).

1.6 Ist systemischer Lupus erythematodes ansteckend?
SLE ist nicht ansteckend. Das bedeutet, dass er nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

1.7 Welches sind die Hauptsymptome?
Die Erkrankung kann langsam beginnen, wobei neue Symptome über einen Zeitraum von mehreren Wochen, Monaten oder sogar Jahren auftreten können. Bei Kindern umfassen die häufigsten Anfangssymptome des SLE unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit und Krankheitsgefühl. Viele Kinder mit SLE leiden unter Fieberschüben oder anhaltendem Fieber sowie Gewichts- oder Appetitverlust.
Im Laufe der Zeit treten bei vielen Kindern spezifische Symptome auf, die durch die Beteiligung von einem oder mehreren Körperorganen verursacht werden. Sehr häufig ist die Beteiligung von Haut und Schleimhäuten, die sich in einer Vielzahl von unterschiedlichen Hautausschlägen sowie Lichtempfindlichkeit (wenn der Ausschlag auf Sonneneinwirkung zurückzuführen ist) oder Geschwüren in Nase und Mund bemerkbar macht. Der typische schmetterlingsförmige Ausschlag an Mund und Wangen tritt bei einem Drittel bis der Hälfte der betroffenen Kinder auf. Gelegentlich ist auch ein vermehrter Haarausfall (Alopezie) zu verzeichnen. Bei Kälte kann die Hand rot, weiß und blau werden (Raynaud-Syndrom). Ferner können auftreten: geschwollene und steife Gelenke, Muskelschmerzen, Anämie (Blutarmut), Neigung zu Blutergüssen, Kopfschmerzen, Anfälle und Brustschmerzen. Eine Beteiligung der Nieren liegt zumindest bis zu einem gewissen Grad bei den meisten Lupus-Patienten vor und ist ein entscheidender Faktor für die Langzeitprognose der Erkrankung.
Zu den häufigsten Symptomen einer ausgeprägten Nierenbeteiligung zählen Bluthochdruck, Eiweiß und Blut im Urin sowie Schwellungen, insbesondere der Füße, Beine und Augenlider.

1.8 Verläuft die Erkrankung bei jedem Kind gleich?
Die Symptome des SLE variieren stark zwischen den einzelnen Patienten, so dass das Profil und die auftretenden Symptome bei jedem Kind anders sind. Alle oben beschriebenen Symptome können entweder zu Beginn der Erkrankung oder jederzeit im weiteren Verlauf mit unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Durch die Einnahme der vom behandelnden Arzt verschriebenen Medikamente können die Symptome des SLE oft unter Kontrolle gebracht werden.

1.9 Unterscheidet sich die Erkrankung bei Kindern und Erwachsenen?
Das Erscheinungsbild von SLE im Kindes- und Jugendalter weist Ähnlichkeiten mit dem Krankheitsbild bei Erwachsenen auf. Doch bei Kindern nimmt die Erkrankung einen schwereren Verlauf, und Kinder weisen zu einem gegebenen Zeitpunkt häufiger mehrere Merkmale einer Entzündung aufgrund von SLE auf. Auch SLE-bedingte Nieren- und Gehirnerkrankungen treten bei Kindern häufiger auf als bei Erwachsenen.


2. DIAGNOSE UND THERAPIE

2.1 Wie wird SLE diagnostiziert?
Die Diagnosis des SLE erfolgt auf Basis der Beschwerden (wie Schmerzen), Befunde (wie Fieber) sowie Blut -und Urinuntersuchungen und nach Ausschluss anderer Erkrankungen. Nicht alle Krankheitserscheinungen sind zu jedem Zeitpunkt vorhanden, wodurch die rasche Diagnose von SLE erschwert wird. Um SLE von anderen Erkrankungen zu unterscheiden, hat die amerikanische Rheumagesellschaft eine Liste mit 11 Kriterien aufgestellt, die bei kombiniertem Auftreten auf einen SLE hinweisen.
Bei diesen Kriterien handelt es sich um einige der bei Patienten mit SLE häufig beobachteten Symptome/Anomalitäten. Um die eindeutige Diagnose eines SLE zu stellen, muss ein Patient mindestens 4 dieser 11 Symptome zu irgendeinem Zeitpunkt seit Behandlungsbeginn aufgewiesen haben. Erfahrene Ärzte können jedoch auch die Diagnose eines SLE stellen, wenn weniger als 4 dieser Kriterien vorliegen. Die Kriterien umfassen:

Schmetterlingsausschlag
Das ist ein roter Ausschlag auf den Wangen und über dem Nasenrücken.

Lichtempfindlichkeit
Lichtempfindlichkeit ist eine gesteigerte Reaktion der Haut auf Sonnenlicht. Haut, die mit Kleidung bedeckt ist, ist in der Regel nicht betroffen.

Diskoider Lupus
Das ist ein schuppender, erhabener, münzenförmiger Ausschlag, der im Gesicht, auf der Kopfhaut, den Ohren, der Brust oder den Armen auftritt. Nach Abheilen dieser Hautveränderungen können Narben zurückbleiben. Diskoider Hautausschlag ist häufiger bei farbigen Kindern als bei anderen ethnischen Gruppen.

Schleimhautgeschwüre
Das sind wunde Stellen im Mund oder in der Nase. Sie sind meistens schmerzlos, doch die Geschwüre in der Nase können zu Nasenbluten führen.

Arthritis
Arthritis betrifft die Mehrheit der Kinder mit SLE. Arthritis führt zu Schmerzen und Schwellungen der Gelenke in den Händen, der Handgelenke, Ellbogen und Knien oder anderer Gelenke in Armen und Beinen. Die Schmerzen können wandern, d. h. sie gehen von einem Gelenk zum anderen über, können aber auch in demselben Gelenk in beiden Körperhälften auftreten. Arthritis bei SLE führt in der Regel nicht zu bleibenden Gelenkschäden (Verformungen).

Entzündung von Rippenfell (Pleuritis) oder Herzbeutel (Perikarditis)
Als Pleuritis wird eine Entzündung der Pleura, des Lungen- bzw. Rippenfells, bezeichnet. Unter Perikarditis versteht man die Entzündung des Perikards, des Herzbeutels. Eine Entzündung dieser empfindlichen Strukturen kann zu einer Ansammlung von Flüssigkeit um das Herz oder die Lunge führen. Eine Rippenfellentzündung geht mit einer speziellen Art von Brustschmerzen einher, die beim Atmen stärker werden.

Nierenbeteiligung
Eine Nierenbeteiligung besteht bei fast allen Kindern mit SLE und kann von geringfügiger bis schwerwiegender Ausprägung sein. Zu Beginn verläuft sie in der Regel symptomlos und kann nur mittels einer Urin- und Blutuntersuchung zur Bestimmung der Nierenfunktion festgestellt werden. Kinder mit erheblichen Nierenschäden haben Eiweiß und/oder Blut im Urin und können unter Schwellungen, insbesondere der Füße und Unterschenkel, leiden.

Das zentrale Nervensystem
Eine Beteiligung des zentralen Nervensystems macht sich durch Kopfschmerzen, Anfälle und neuropsychiatrische Symptome, wie z. B. Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen und Psychosen (eine schwerwiegende seelische Erkrankung, die Wahrnehmung und Verhalten beeinträchtigt) bemerkbar.

Veränderungen der Blutzellen
Diese Störungen werden durch Autoantikörper verursacht, die die Blutzellen angreifen. Der Vorgang der Zerstörung der roten Blutzellen (die Sauerstoff aus den Lungen in andere Körperteile transportieren) wird als Hämolyse bezeichnet und kann eine hämolytische Anämie (Blutarmut) hervorrufen. Die Zerstörung kann langsam und relativ mild verlaufen oder schnell auftreten und zu einem Notfall führen.
Ein Abfall der weißen Blutzellen wird als Leukopenie bezeichnet und stellt bei SLE in der Regel keine gefährliche Komplikation dar.
Ein Abfall der Thrombozytenzahl (Blutplättchen) wird als Thrombozytopenie bezeichnet. Kinder mit einer erniedrigten Thrombozytenzahl bekommen schnell blaue Flecken und Blutungen in verschiedenen Körperteilen, wie z. B. in Verdauungs- und Harntrakt, Gebärmutter oder Gehirn.

Störungen des Immunsystems
Diese Störungen stehen mit Autoantikörpern in Zusammenhang, die im Blut nachweisbar sind und auf SLE hinweisen:
a) Vorliegen von Antiphospholipid-Antikörpern (Anlage 1)
b) Antikörper gegen native DNA (Autoantikörper, die sich gegen das genetische Zellmaterial richten). Diese werden vorwiegend bei SLE nachgewiesen. Dieser Test wird oft wiederholt, da die Konzentration an Antikörpern gegen native DNA proportional zur Krankheitsaktivität von SLE anzusteigen scheint. Daher kann der Test dem Arzt helfen, das Ausmaß der Erkrankung abzuschätzen.
c) Anti-SM-Antikörper: Der Name bezieht sich auf die erste Patientin (Frau Smith), in deren Blut diese Antikörper nachgewiesen wurden. Diese Autoantikörper sind fast ausschließlich beim SLE nachweisbar und können häufig die Diagnose bestätigen.

Antinukleäre Antikörper (ANA)
Es handelt sich um Autoantikörper, die gegen Zellkerne gerichtet sind. Sie sind im Blut beinahe aller SLE-Patienten nachweisbar. Doch ein positiver ANA-Test ist alleine noch kein Nachweis für einen SLE, da der Test auch bei anderen Erkrankungen positiv sein kann und sogar bei ca. 5 - 15 % der gesunden Kinder schwach positiv ausfallen kann.

2.2 Welche Bedeutung haben Laboruntersuchungen/-tests?
Laboruntersuchungen können helfen, die Diagnose eines SLE zu stellen und herauszufinden, welche inneren Organe möglicherweise betroffen sind. Regemäßige Blut- und Urinuntersuchungen sind wichtig, um die Aktivität und den Schweregrad der Erkrankung zu überwachen und um die Verträglichkeit der Medikamente zu bestimmen. Es gibt verschiedene Laboruntersuchungen, die die Diagnose des SLE stützen und die Entscheidung über die zu verschreibenden Medikamente erleichtern können. Ferner helfen solche Tests zu beurteilen, ob die aktuell verschriebenen Medikamente wirksam zur Kontrolle der SLE-bedingten Entzündungen sind.

Routinemäßige klinische Untersuchungen weisen auf das Vorliegen einer aktiven systemischen Erkrankung mit multipler Organbeteiligung hin.
Sowohl Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) als auch C-reaktives Protein (CRP) sind bei einer Entzündung erhöht. Das CRP kann bei SLE normale Werte aufweisen, während die BSG erhöht ist. Erhöhtes CRP kann auf eine zusätzliche Infektionskomplikation hinweisen.
Mithilfe eines großen Blutbildes können Anämie (Blutarmut) sowie ein Abfall der Blutplättchen und weißen Blutzellen nachgewiesen werden.
Serumelektrophorese kann eine Erhöhung der Gammaglobuline nachweisen (starke Entzündung und Antikörperproduktion).
Niedrige Albuminkonzentrationen können auf eine Nierenbeteiligung hinweisen.
Routineblutuntersuchungen können hinweisen auf eine Nierenbeteiligung (erhöhter Harnstoff-Stickstoffwert im Blut und erhöhter Kreatininwert, Veränderung der Elektrolytkonzentration), Auffälligkeiten der Leberfunktion sowie eine Erhöhung der Muskelenzyme, sofern eine Muskelbeteiligung vorliegt.
Untersuchungen der Leberfunktion und Muskelenzyme: Bei Vorliegen von Muskel- oder Leberbeteiligung ist die Konzentration dieser Enzyme erhöht.
Urinuntersuchungen sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung von SLE und auch im Rahmen der Verlaufsbeobachtung ein wichtiges Instrument zur Feststellung einer Nierenbeteiligung. Mithilfe einer Urinanalyse können verschiedene Entzündungszeichen der Niere, wie z. B. rote Blutzellen oder das Vorliegen einer erhöhten Einweißkonzentration, nachgewiesen werden. Kinder mit SLE können manchmal aufgefordert werden, ihren Urin über einen Zeitraum von 24 Stunden zu sammeln. Dies ist ein Mittel, um eine frühe Beteiligung der Nieren aufzudecken.
Komplementkonzentrationen – Komplementproteine bilden einen Teil des angeborenen Immunsystems. Bestimmte Komplementproteine (C3 und C4) können bei Immunreaktionen verbraucht werden, und eine niedrige Konzentration dieser Proteine zeigt eine aktive Erkrankung, insbesondere der Nieren, an.
Es gibt mittlerweile viele weitere Teste, um die Auswirkung des SLE auf verschiedene Teile des Körpers zu prüfen. Eine Nierenbiopsie (die Entfernung eines kleinen Stückchen Nierengewebes) wird bei Nierenbeteiligung häufig durchgeführt. Die Nierenbiopsie liefert wertvolle Informationen über die Art, das Ausmaß und das Alter der SLE-Veränderung und ist sehr hilfreich bei der Wahl der geeigneten Therapie. Die Hautbiopsie einer Veränderung kann manchmal helfen, die Diagnose einer Hautvaskulitis (Gefäßentzündung) oder eines diskoiden Lupus zu stellen oder gibt Aufschluss über die Art des Hautausschlags bei einem SLE-Patienten. Andere Untersuchungen umfassen Thorax-Röntgen (Herz und Lunge), Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie), ein Elektrokardiogramm (EKG) des Herzens, Lungenfunktionstests, Elektroenzephalografie (EEG) des Hirns, Magnetresonanztomographie (MRT) oder andere Aufnahmen des Gehirns und möglicherweise verschiedene Gewebebiopsien.

2.3 Kann die Erkrankung behandelt/geheilt werden?
Zurzeit gibt es keine speziellen Medikamente zur Heilung des SLE. Mit SLE-Therapien lassen sich die Erscheinungen des SLE kontrollieren und Komplikationen der Erkrankung verhindern, die zu einer bleibenden Schädigung der Organe und Gewebe führen können. Bei der Erstdiagnose ist der SLE in der Regel gerade sehr aktiv. In diesem Stadium können höhere Medikamentendosen erforderlich sein, um die Erkrankung zu kontrollieren und Organschäden zu verhindern. Bei vielen Kindern kann die Therapie Krankheitsschübe verhindern und dafür sorgen, dass die Erkrankung abklingt, d. h. es ist dann wenig oder gar keine Behandlung mehr nötig.

2.4 Welche Behandlungen stehen zur Verfügung?
Es gibt keine zugelassenen Medikamente für die Behandlung von SLE im Kindes- und Jugendalter. Die meisten SLE-Symptome sind auf eine Entzündung zurückzuführen. Die Behandlung zielt daher auf die Reduzierung der Entzündung ab. Fünf Medikamentengruppen werden weltweit eingesetzt, um Kinder mit SLE zu behandeln:

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
NSAR, wie z. B. Ibuprofen oder Naproxen, werden eingesetzt, um die Schmerzen durch die Arthritis zu lindern. Normalerweise werden sie nur für eine kurze Zeit gegeben, mit dem Hinweis, die Dosis zu vermindern, wenn sich die Gelenkentzündung bessert. Diese Medikamentengruppe umfasst zahlreiche unterschiedliche Präparate. Aspirin wird heute nur noch bei Kindern mit erhöhten Antiphospholipid-Antikörpern eingesetzt, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern.

Malaria-Mittel
Malaria-Mittel, wie z. B. Hydroxychloroquin, sind sehr wertvoll zur Behandlung und Kontrolle von sonnenlichtempfindlichen Hautausschlägen wie sie beim diskoiden Lupus vorkommen oder auch von subakuten Formen der SLE-Ausschläge. Es kann Monate dauern, bevor diese Medikamente ihre Wirkung entfalten. Bei früher Verabreichung scheinen diese Medikamente auch geeignet zu sein, um Krankheitsschübe zu reduzieren, die Kontrolle von Nierenfunktionsstörungen zu verbessern und das Herz-Kreislauf- und andere Organsysteme zu schützen. Es gibt keine bekannte Verbindung zwischen SLE und Malaria. Doch Hydroxychloroquin scheint das bei SLE fehlgeleitete Immunsystem zu regulieren.

Kortikosteroide
Kortikosteroide wie Prednison oder Prednisolon werden eingesetzt, um die Entzündung zu reduzieren und die Aktivität des Abwehrsystems zu unterdrücken. Sie sind die wichtigste Therapie des SLE. Bei Kindern mit mildem Krankheitsverlauf können Kortikosteroide in Verbindung mit Malaria-Mitteln die einzige erforderliche Therapie sein. Bei schweren Verläufen mit Beteiligung der Nieren und anderer innerer Organe werden sie in Kombination mit Immunsuppressiva (siehe unten) eingesetzt. Am Anfang kann die Krankheitsaktivität meist nur mit täglichen Kortikosteroid-Gaben über mehreren Wochen oder Monaten kontrolliert werden, und die meisten Kinder sind über viele Jahre auf diese Medikamente angewiesen. Die anfängliche Kortikosteroid-Dosis und die Häufigkeit ihrer Anwendung hängen von der Schwere der Erkrankung und den betroffenen Organsystemen ab. Hochdosierte oral oder intravenös verabreichte Kortikosteroide werden in der Regel zur Behandlung der schweren hämolytischen Anämie, bei Befall des zentralen Nervensystems und schweren Verläufen der Nierenbeteiligung eingesetzt. Bereits wenige Tage nach Beginn der Kortikosteroid-Therapie verspüren die Kinder eine deutliche Besserung und einen Energieschub. Nachdem die anfänglichen Symptome der Erkrankung unter Kontrolle gebracht wurden, wird die Kortikosteroid-Dosis soweit reduziert, dass sie gerade noch ausreicht, um das Wohlbefinden des Kindes zu sichern. Das Ausschleichen der Kortikosteroide erfolgt allmählich und mit häufigen Kontrollen in Form von körperlicher Untersuchung des Kindes und Bestimmung der Laborwerte, um sicherzustellen, dass die Krankheitsaktivität weiterhin unterdrückt wird.
Hin und wieder unterliegen Jugendliche der Versuchung, die Kortikosteroide abzusetzen oder die Dosis zu reduzieren oder zu erhöhen. Manchmal haben sie genug von den Nebenwirkungen oder sie fühlen sich schlechter oder besser. Es ist wichtig, dass Kinder und ihre Eltern verstehen, wie die Kortikosteroide wirken und warum das Absetzen oder Verändern der Medikamente ohne ärztliche Aufsicht gefährlich ist. Manche Kortikosteroide wie Cortisol werden vom menschlichen Körper selbst produziert. Nach Einleitung der Behandlung reagiert der Körper, indem er die eigene Produktion von Cortisol einstellt, und die Nebenniere, die diesen Stoff produziert, faul und träge wird.
Wenn Kortikosteroide über einen längeren Zeitraum eingenommen wurden und dann plötzlich abgesetzt werden, ist der Körper für eine gewisse Zeit möglicherweise nicht in der Lage, genügend Cortisol zu produzieren. Dies kann zu einem lebensbedrohlichen Cortisol-Mangel führen (Nebennierenrindeninsuffizienz). Darüber hinaus kann eine zu schnelle Senkung der Kortikosteroid-Dosis zu neuen Krankheitsschüben führen.

Nicht biologische langwirksame Antirheumatika (DMARD, disease modifying antirheumatic drugs)
Zu diesen Medikamenten gehören Azathioprin, Methotrexat, Mycophenolat Mofetil und Cyclophosphamid. Sie unterdrücken die Entzündung, besitzen aber eine andere Wirkweise als Kortikosteroid-Medikamente. Diese Medikamente werden eingesetzt, wenn der Lupus mit Kortikosteroiden als Monotherapie nicht unter Kontrolle gehalten werden kann, und sie bieten dem Arzt die Möglichkeit, die tägliche Kortikosteroid-Dosis zu senken, um die Nebenwirkungen zu verringern, die Erkrankung jedoch gleichzeitig weiterhin unter Kontrolle zu halten.
Mycophenolat Mofetil und Azathioprin werden in Tablettenform verabreicht, und Cyclophosphamid kann in Tablettenform oder als intravenöse Stoßtherapie gegeben werden. Eine Therapie mit Cyclophosphamid erfolgt bei Kindern mit schwerer Nierenbeteiligung. Methotrexat wird in Tablettenform oder als Injektion in das Unterhautfettgewebe verabreicht.

Biologische DMARD
Biologische DMARD (häufig einfach als Biologika bezeichnet) umfassen Wirkstoffe, die die Produktion von Autoantikörpern oder die Wirkung eines speziellen Moleküls blockieren. Rituximab zählt zu diesen Wirkstoffen und wird hauptsächlich eingesetzt, wenn ein Patient auf die Standardbehandlung nicht anspricht. Belimumab ist ein biologischer Wirkstoff, der sich gegen die Antikörper-produzierenden B-Zellen im Blut richtet. Bei erwachsenen SLE-Patienten ist die Anwendung keine Kassenleistung. Die Anwendung von Biologika bei Kindern und Jugendlichen mit SLE befindet sich noch in der Erprobungsphase.
Auf dem Gebiet der Autoimmunerkrankungen, besonders des SLE, wird intensiv geforscht. Das zukünftige Ziel ist, die genauen Mechanismen der Entzündung und Autoimmunität zu erforschen, um bessere und zielgerichtetere Therapien zu entwickeln, ohne das gesamte Immunsystem zu unterdrücken. Zurzeit werden zahlreiche klinische Studien über SLE durchgeführt, in denen neue Therapien untersucht und verschiedene Aspekte des kindlichen Lupus erforscht werden. Diese aktiven Forschungsarbeiten verbessern die Zukunftsaussichten von Kindern mit SLE erheblich.

2.5 Welche Nebenwirkungen haben medikamentöse Therapien?
Die Medikamente, die zur Behandlung des SLE eingesetzt werden, sind sehr wirksam bei der Behandlung der Zeichen und Symptome der Erkrankung. Doch wie alle Medikamente können sie verschiedene Nebenwirkungen haben (eine detaillierte Beschreibung der Nebenwirkungen finden Sie im Kapitel „Medikamentöse Therapien").

NSAR können zu Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen (sie sind nach dem Essen einzunehmen), einer Neigung zu blauen Flecken und selten zu Veränderungen der Nieren- und Leberfunktion führen. Malaria-Mittel können Veränderungen der Netzhaut am Auge hervorrufen. Deswegen müssen die Patienten regelmäßig von einem Augenarzt untersucht werden.

Kortikosteroide können sowohl bei der Kurz- als auch bei der Langzeitanwendung eine Vielzahl von Nebenwirkungen hervorrufen. Das Risiko für diese Nebenwirkungen ist erhöht, wenn hohe Kortikosteroid-Dosen notwendig sind oder wenn diese Medikamente über längere Zeit gegeben werden. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen:
Veränderungen des Aussehens (z. B. Gewichtszunahme, Mondgesicht, vermehrte Körperbehaarung, violette Streifen auf der Haut, Akne und Neigung zu blauen Flecken). Die Gewichtszunahme kann durch eine kalorienarme Ernährung und körperliche Bewegung unter Kontrolle gebracht werden.
Erhöhtes Infektionsrisiko, insbesondere für Tuberkulose und Windpocken. Ein Kind, das Kortikosteroide einnimmt und in Kontakt mit dem Windpockenvirus gekommen ist, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen. Ein sofortiger Schutz vor Windpocken kann durch die Gabe von so genannten präformierten Antikörpern erreicht werden (passive Immunisierung).
Magenprobleme wie Dyspepsie (Verdauungsstörungen) oder Sodbrennen. Diese kann die Gabe eines Medikamentes gegen Magengeschwüre notwendig machen.
Wachstumsstörungen
Zu den selteneren Nebenwirkungen zählen:
Bluthochdruck
Muskelschwäche (Kinder können Schwierigkeiten haben, Treppen zu steigen oder von einem Stuhl aufzustehen).
Störungen des Zuckerstoffwechsels, insbesondere wenn eine genetische Vorbelastung für Diabetes besteht.
Stimmungsschwankungen einschließlich Depressionen und plötzlicher Stimmungsumschwünge
Augenprobleme wie z. B. Linsentrübung (gauer Star) und Glaukom
Brüchigkeit der Knochen (Osteoporose) Diese Nebenwirkung kann durch Bewegung, durch den Verzehr von calciumreichen Lebensmitteln sowie durch Calcium und Vitamin D als Nahrungsmittelergänzung verringert werden. Diese vorbeugenden Maßnahmen sollten sofort nach Beginn der Therapie mit hochdosierten Kortikosteroiden eingeleitet werden.
Es ist wichtig festzuhalten, dass die meisten Nebenwirkungen der Kortikosteroide reversibel sind und zurückgehen, wenn das Medikament abgesetzt oder die Dosis verringert wird.
Auch DMARD (biologische oder nicht biologische) haben manchmal schwerwiegende Nebenwirkungen.

2.6 Wie lange sollte die Behandlung durchgeführt werden?
Die Behandlung sollte solange fortgesetzt werden, wie die Erkrankung andauert. Man stimmt überein, dass ein komplettes Absetzen der Kortikosteroide bei den meisten Kindern mit SLE sehr schwierig ist. Selbst eine langfristige Erhaltungstherapie mit sehr niedrigen Kortikosteroid-Dosen kann die Häufigkeit weiterer Krankheitsschübe minimieren und helfen, die Krankheit unter Kontrolle zu halten. Daher stellt sie für viele Patienten die beste Lösung dar, um das Risiko für Krankheitsschübe so gering wie möglich zu halten. Diese niedrigen Kortikosteroid-Dosen haben nur sehr wenige und in der Regel geringfügige Nebenwirkungen.

2.7 Gibt es alternative/ergänzende Therapien?
Es gibt zahlreiche ergänzende und alternative Therapien, so dass dies ein verwirrendes Thema für Patienten und ihre Angehörigen sein kann. Sie sollten sorgfältig über die Risiken und Nutzen solcher Therapien nachdenken, da deren Nutzen nur unzureichend nachgewiesen wurde und sie sowohl in Bezug auf den zeitlichen Aufwand, die Belastung für das Kind und auch die Kosten unverhältnismäßig sein können. Wenn Sie ergänzende und alternative Therapien in Erwägung ziehen, besprechen Sie diese Möglichkeiten bitte mit Ihrem Kinderrheumatologen. Bei einigen dieser Therapien können Wechselwirkungen mit den konventionellen Medikamenten auftreten. Die meisten Ärzte stehen alternativen Therapien nicht ablehnend gegenüber, sofern Sie sich an die ärztlichen Anweisungen halten. Es ist sehr wichtig, dass Ihr Kind die verschriebenen Medikamente nicht absetzt. Wenn Medikamente notwendig sind, um die Erkrankung zu kontrollieren, kann es sehr gefährlich sein, diese abzusetzen, währen die Krankheit noch aktiv ist. Bitte besprechen Sie alle Fragen zu Medikamenten mit dem behandelnden Arzt Ihres Kindes.

2.8 Welche regelmäßigen Kontrollen sind notwendig?
Es ist wichtig, den Arzt regelmäßig aufzusuchen, da viele Veränderungen, die beim SLE auftreten können, bei frühzeitiger Entdeckung verhindert oder leichter behandelt werden können. Im Allgemeinen gilt, dass Kinder mit SLE mindestens alle drei Monate von einem Rheumatologen untersucht werden sollten. Bei Bedarf müssen auch andere Spezialisten hinzugezogen werden: Kinderdermatologen (Versorgung der Haut), Kinderhämatologen (Bluterkrankungen) oder Kindernephrologen (Nierenerkrankungen). Sozialarbeiter, Psychologen, Ernährungsberater und andere medizinische Fachkräfte werden ebenfalls in die Versorgung von Kindern mit SLE einbezogen.
Weitere regelmäßig notwendige Untersuchungen bei Kindern mit SLE: Blutdruckkontrolle, Urinuntersuchung, großes Blutbild, Blutzuckermessung, Gerinnungstest sowie Untersuchung der Konzentration von Komplement-Antikörpern und Antikörpern gegen native Doppelstrang-DNA Während der Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten sind außerdem regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig, um sicherzustellen, dass bestimmte vom Knochenmark produzierte Blutzellen nicht in zu geringen Mengen vorhanden sind.

2.9 Wie lange dauert die Erkrankung?
Wie weiter oben bereits erwähnt gibt es keine Heilung für SLE. Bei regelmäßiger Einnahme der Medikamente gemäß Anweisung des Kinderrheumatologen können die Erswcheinungen des SLE minimal sein oder sogar ganz verschwinden. Ursachen für eine Verschlechterung der Erkrankung können u. a. die nicht regelmäßige Einnahme der Medikamente, Infektionen, Stress und Sonnenlicht sein. Diese Verschlechterung wird auch als „Lupus-Schub" bezeichnet. Es ist häufig sehr schwierig, vorherzusagen, welchen Verlauf die Erkrankung nehmen wird.

2.10 Wie sieht die Langzeitentwicklung (Prognose) der Erkrankung aus?
Die Prognose des SLE verbessert sich dramatisch durch eine frühzeitige und dauerhafte Behandlung mit Hydroxychloroquin, Kortikosteroiden und langwirksamen Antirheumatika. Viele Patienten, bei denen der Lupus bereits im Kindesalter aufgetreten ist, geht es gut. Doch die Erkrankung kann auch schwer und lebensbedrohlich verlaufen und während der gesamten Jugendzeit und bis ins Erwachsenenalter hin aktiv bleiben.
Die Prognose des SLE im Kindesalter hängt von der Schwere des Befalls der inneren Organe ab. Kinder mit signifikanter Beteiligung der Nieren oder des zentralen Nervensystems benötigen eine aggressive Behandlung. Im Gegensatz dazu lassen sich Hautausschlag und Arthritis leichter unter Kontrolle bringen. Die Prognose des einzelnen Kindes ist jedoch relativ unvorhersehbar.

2.11 Kann der Patient wieder vollständig gesund werden?
Wenn die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert wird und sofort gezielt behandelt, kann sie zum Stillstand gebracht werden und am Ende völlig verschwinden (Abwesenheit aller Erscheinungen des SLE). Wie jedoch weiter oben bereits erwähnt ist der Lupus eine unberechenbare chronische Erkrankung, und Kinder mit SLE müssen normalerweise dauerhaft ärztlich überwacht und medikamentös behandelt werden. Erreicht ein Patient mit SLE das Erwachsenenalter, muss er meist von Spezialisten für SLE bei Erwachsenen weiterbehandelt werden.


3. ALLTAG

3.1 Wie wirkt sich die Erkrankung auf das Alltagsleben des Kindes und seiner Angehörigen aus?
Ist die Behandlung des Lupus erst einmal eingeleitet, kann das Kind ein relativ normales Leben führen. Eine Ausnahme ist die Exposition gegenüber übermäßigem Sonnenlicht oder UV-Licht in Diskotheken, da dies den Lupus auslösen oder zu einer Verschlechterung des Lupus führen kann. Ein Kind mit Lupus sollte nicht den ganzen Tag am Strand verbringen oder in der Sonne am Pool sitzen. Sonnenschutz mit einem Schutzfaktor von 40 oder höher ist absolut notwendig. Es ist wichtig, dass Kinder ab 10 Jahren immer mehr Verantwortung für die Einnahme ihrer Medikamente übernehmen und Entscheidungen über ihre eigene Behandlung treffen. Eltern und ihre Kinder sollten mit den Symptomen des SLE vertraut sein, um gegebenenfalls einen Schub zu erkennen. Einige Symptome wie chronische Müdigkeit und Antriebsmangel können mehrere Monate nach dem Schub fortbestehen. Regelmäßige Bewegung ist wichtig, damit das Kind ein gesundes Gewicht hält, außerdem fördert sie die Knochengesundheit und hilft dem Kind, fit zu bleiben.

3.2 Was ist mit der Schule?
Kinder mit SLE dürfen und sollten am Unterricht teilnehmen. Ausnahmen können Zeiträume sein, in denen die Krankheit sehr aktiv ist. Wenn keine Beteiligung des zentralen Nervensystems vorliegt, ist das Lern- und Denkvermögen des Kindes in der Regel nicht beeinträchtigt. Liegt jedoch eine Beteiligung des zentralen Nervensystems vor, können Probleme wie Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen auftreten. In diesen Fällen müssen Lehrpläne für das Kind aufgestellt werden. Insgesamt gilt, dass ein Kind ermuntert werden sollte, soweit wie es seine Erkrankung zulässt, an für das Kind geeigneten außerschulischen Aktivitäten teilzunehmen. Die Lehrer des Kindes können je nach Wunsch der Eltern über die SLE-Diagnose informiert sein, damit sie Vorkehrungen treffen können, falls SLE-bedingte Probleme auftreten, die sich auf die Lernbereitschaft des Kindes auswirken können (Schmerzen in den Gelenken und anderen Körperteilen).

3.3 Was ist mit Sport?
Es ist normalerweise nicht sinnvoll und auch nicht erwünscht, Kinder in ihrer allgemeinen Aktivität einzuschränken. Kinder, deren Erkrankung am Abklingen ist, sollten zu regelmäßiger körperlicher Betätigung ermutigt werden. Laufen, Schwimmen, Rad fahren und andere aerobe körperliche Aktivitäten im Freien werden empfohlen. Dabei ist auf geeignete Sonnenschutzkleidung und Sonnenschutzmittel mit hohem Schutzfaktor zu achten. Außerdem sollte in den Mittagsstunden kein Sport im Freien getrieben werden. Anstrengungen bis zum Punkt der Erschöpfung sind zu vermeiden. Während eines Krankheitsschubs müssen körperliche Aktivitäten eingeschränkt werden.

3.4 Was ist mit der Ernährung?
Es gibt keine spezielle Diät, die den SLE heilen kann. Kinder mit SLE sollten sich gesund und ausgewogen ernähren. Falls sie Kortikosteroide einnehmen, sollten sie salz- und zuckerarme Nahrungsmittel zu sich nehmen, um Bluthochdruck, Diabetes und eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Zur Vorbeugung von Osteoporose sollten sie außerdem Calcium und Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen. Ein Nutzen anderer Vitaminergänzungen bei SLE konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

3.5 Kann das Klima den Verlauf der Erkrankung beeinflussen?
Man weiß, dass Sonnenlicht zur Entstehung neuer Hautveränderungen und Krankheitsschüben führen kann. Um dieses Problem zu vermeiden, wird empfohlen, dass das Kind auf alle der Sonne ausgesetzten Körperregionen hochwirksame Sonnenschutzmittel aufträgt, wenn es sich ins Freie begibt. Es ist wichtig, dass das Sonnenschutzmittel mindestens 30 Minuten vor dem Verlassen des Hauses aufgetragen wird, damit es in die Haut eindringen und trocknen kann. An sonnigen Tagen muss der Sonnenschutz alle 3 Stunden aufgetragen werden. Einige Sonnenschutzmittel sind zwar wasserfest, dennoch wird empfohlen, das Mittel nach dem Baden oder Schwimmen erneut aufzutragen. Auch das Tragen von Sonnenschutzkleidung, wie z. B. breitkrempigen Hüten oder langärmligen Hemden, wird empfohlen, wenn das Kind in die Sonne geht. Dies gilt auch für Tage, an denen der Himmel bedeckt ist, da UV-Strahlen die Wolken leicht durchbrechen können. Einige Kinder bekommen Probleme, wenn sie dem UV-Licht von fluoreszierenden Lichtern, Halogenleuchten oder Computerbildschirmen ausgesetzt waren. UV-Filter sind sinnvoll für Kinder, denen es Probleme bereitet, auf einen Bildschirm zu gucken.

3.6 Darf das Kind geimpft werden?
Da das Infektionsrisiko bei einem Kind mit SLE erhöht ist, ist es besonders wichtig, Infektionen mittels Impfungen vorzubeugen. Das Kind sollte sich wenn möglich an den Impfplan der STIKO halten. Es gibt jedoch einige Ausnahmen: Kinder mit schwerer aktiver Erkrankung sollten nicht geimpft werden, und Kindern, die mit einem Immunsuppressivum, hochdosierten Kortikosteroiden oder Biologika behandelt werden, dürfen generell keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden (z. B. gegen Masern, Mumps und Röteln oder Windpocken oder Schluckimpfungen gegen Polio). Auch Angehörige, die mit dem immunsupprimierten Kind zusammenleben, sollten keine Schluckimpfung gegen Polio erhalten. Die Impfung gegen Pneumokokken, Meningokokken und die jährliche Impfung gegen Grippe werden bei Kindern mit SLE empfohlen. Bei heranwachsenden Mädchen wird eine Impfung gegen HPV empfohlen.
Es ist zu beachten, dass Kinder mit SLE eventuell häufiger geimpft werden müssen als ihre Altersgenossen, da der Impfschutz bei Vorliegen eines SLE kürzer anzuhalten scheint.

3.7 Was ist hinsichtlich Sexualleben, Schwangerschaft und Empfängnisverhütung zu beachten?
Die Jugendlichen dürfen ein gesundes Sexualleben führen. Wichtig ist jedoch, dass sexuell aktive Jugendliche, die mit bestimmten DMARD behandelt werden oder deren Erkrankung gerade aktiv ist, sichere Empfängnisverhütungsmethoden anwenden. Idealerweise sollte es nur zu geplanten Schwangerschaften kommen. Besonders einige Blutdruckmedikamente und DMARD können die Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigen. Die meisten Frauen mit SLE können eine sichere Schwangerschaft erleben und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Der ideale Zeitpunkt für eine Schwangerschaft ist, wenn die Erkrankung, insbesondere die Nierenbeteiligung, schon seit längerer Zeit unter Kontrolle ist. Frauen mit SLE können Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden. Dies kann an der Krankheitsaktivität oder den Medikamenten liegen. SLE ist auch mit einem höheren Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten und dem so genannten neonatalem Lupus verbunden (Anlage 2). Besonders bei Frauen mit erhöhten Antiphospholipid-Antikörpern (Anlage 1) besteht das Risiko einer Problemschwangerschaft.
Die Schwangerschaft selbst kann eine Verschlechterung der Symptome verursachen oder einen Krankheitsschub auslösen. Daher müssen alle schwangeren Frauen mit SLE von einem Geburtshelfer, der mit Hochrisikoschwangerschaften vertraut ist und eng mit dem Kinderrheumatologen zusammenarbeitet, betreut werden.
Als sicherste Verhütungsmethode bei SLE-Patienten gelten Barrieremethoden (Kondom oder Diaphragma) mit Spermiziden. Auch hormonelle Verhütungsmittel, die nur Progesteron enthalten, sind akzeptabel ebenso wie einige Arten von Spiralen (Intrauterinpessare). Östrogenhaltige Verhütungspillen können bei Frauen mit SLE das Risiko für Schübe erhöhen, obwohl mittlerweile neue Optionen zur Verfügung stehen, bei denen dieses Risiko verringert ist.


4. ANLAGE 1. Antiphospholipid-Antikörper

Antiphospholipid-Antikörper sind Autoantikörper, die gegen körpereigene Phospholipide (Teil der Zellmembran) gerichtet sind oder gegen Eiweiße, die an Phospholipide binden. Zu den drei bekanntesten Antiphospholipid-Antikörpern gehören Anti-Cardiolipin-Antikörper, Antikörpern gegen ß2-Glycoprotein I und Lupus-Antikoagulanzien. Antiphospholipid-Antikörper sind bei 50 % der Kinder mit SLE nachweisbar, werden jedoch auch bei anderen Autoimmunerkrankungen, verschiedenen Infektionen sowie bei einem kleinen Prozentsatz von gesunden Kindern gefunden.
Diese Antikörper erhöhen die Neigung zur Blutgerinnung in den Gefäßen und wurden mit einer Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht. Dazu zählen Thrombose der Arterien und/oder Venen, besonders starker Abfall der Thrombozyten (Thrombozytopenie), Kopfschmerzen durch Migräne, Epilepsie sowie eine netzartige, bläulich-violette Verfärbung der Haut (Livedo reticularis). Häufig treten die Blutgerinnsel im Gehirn auf, was zum Schlaganfall führen kann. Weitere häufige Orte der Gerinnselbildung sind Beinvenen und Nieren. Die Erkrankung, bei der eine Thrombose mit einem positiven Antiphospholipid-Antikörper-Test zusammenfällt, wird als Antiphospholipid-Syndrom bezeichnet.
Antiphospholipid-Antikörper spielen besonders bei schwangeren Frauen eine wichtige Rolle, da sie die Funktion der Plazenta stören. Blutgerinnsel, die sich in den Gefäßen der Plazenta bilden, können zu Frühgeburten (Spontanabort), fetalen Wachstumsstörungen, Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung mit Bluthochdruck) und Totgeburten führen. Einige Frauen mit Antiphospholipid-Antikörpern können auch Schwierigkeiten haben, überhaupt schwanger zu werden.
Bei den meisten Kindern mit positivem Test auf Antiphospholipid-Antikörper ist nie eine Thrombose aufgetreten. Derzeit werden Studien durchgeführt, um die beste vorbeugende Behandlung für die betroffenen Kinder zu finden. Die aktuelle Therapie von Kindern mit positiven Antiphospholipid-Antikörpern und einer zugrundeliegenden Autoimmunerkrankung besteht häufig darin, den Patienten niedrig dosiertes Aspirin zu verabreichen. Aspirin wirkt auf die Blutblättchen, indem es deren Klebrigkeit vermindert und so die Gerinnungsfähigkeit des Blutes reduziert. Eine optimale Behandlung von Jugendlichen mit Antiphospholipid-Antikörpern umfasst ferner das Vermeiden von Risikofaktoren wie Rauchen und hormonhaltigen Verhütungsmitteln.
Ist die Diagnose des Antiphospholipid-Syndroms gestellt (bei Kindern mit stattgehabter Thrombose), besteht der erste Behandlungsschritt darin, das Blut zu verdünnen. Dazu wird häufig eine Tablette namens Phenprocoumon, ein Antikoagulans (Gerinnungshemmer), verabreicht. Phenprocoumon muss einmal täglich eingenommen werden, und Blutuntersuchungen sind erforderlich, um zu bestätigen, dass das Medikament die gewünschte Blutverdünnung bewirkt. Alternativ kann Heparin auch unter die Haut injiziert oder Aspirin gegeben werden. Die Dauer der Blutverdünnungstherapie hängt stark von der Erkrankungsschwere und der Art von Blutgerinnsel ab.
Auch Frauen mit Antiphospholipid-Antikörpern, bei denen es gehäuft zu Fehlgeburten gekommen ist, können einer Behandlung unterzogen werden. Diese besteht jedoch nicht aus Phenprocoumon, da es Fehlbildungen des Ungeborenen hervorrufen kann, wenn es während der Schwangerschaft eingenommen wird. Zur Behandlung von schwangeren Frauen mit positivem Test auf Antiphospholipid-Antikörper werden Aspirin und Heparin eingesetzt. Während der Schwangerschaft muss Heparin einmal täglich unter die Haut injiziert werden. Unter Gabe dieser Medikamente und sorgfältiger Überwachung durch einen Geburtshelfer verläuft die Schwangerschaft bei ca. 80 % der Frauen erfolgreich.

5. ANLAGE 2. Neonataler Lupus

Der neonatale Lupus ist eine seltene Erkrankung des Fötus und Neugeborenen, die durch die Übertragung von spezifischen mütterlichen Autoantikörpern über den Mutterkuchen ausgelöst wird. Die spezifischen mit dem neonatalen Lupus assoziierten Autoantikörper heißen Anti-Ro- und Anti-La-Antikörper. Diese Antikörper werden zwar bei etwa einem Drittel der Patienten mit SLE nachgewiesen, dennoch bekommen viele Mütter mit diesen Antikörpern Kinder, die nicht unter neonatalem Lupus leiden. Auf der anderen Seite kann man neonatalen Lupus bei Kindern finden, deren Mütter keinen SLE haben.
Der neonatale Lupus verläuft anders als der SLE. In den meisten Fällen bilden sich die Symptome des neonatalen Lupus innerhalb der ersten 3 bis 6 Lebensmonate zurück, ohne dass Schäden zurückbleiben. Das häufigste Symptom ist ein Hautausschlag, der innerhalb weniger Tage oder Wochen nach der Geburt auftritt, insbesondere nach Sonneneinwirkung. Der Hautausschlag beim neonatalen Lupus ist vorübergehend und bildet sich gewöhnlich zurück, ohne Narben zu hinterlassen. Das zweithäufigste Symptom sind Auffälligkeiten im Blutbild, die jedoch selten schwerwiegend sind und meist nach einigen Wochen ohne Therapie wieder verschwinden.
Sehr selten tritt eine spezielle Auffälligkeit der Herzfrequenz auf, die als angeborener Herzblock bezeichnet wird. Bei angeborenem Herzblock wird bei dem Baby ein anormal niedriger Pulsschlag gemessen. Diese Auffälligkeit besteht dauerhaft und wird häufig bereits zwischen der 15. und der 25. Schwangerschaftswoche im Mutterleib durch einen fetalen Herzultraschall diagnostiziert. In manchen Fällen ist es möglich, die Erkrankung bereits beim ungeborenen Kind zu behandeln. Nach der Geburt benötigen viele Kinder mit angeborenem Herzblock einen Schrittmacher. Wenn eine Mutter bereits ein Kind mit angeborenem Herzblock hat, beträgt das Risiko, noch ein Kind mit derselben Erkrankung zur Welt zu bringen, 10 - 15 %.
Kinder mit neonatalem Lupus wachsen und entwickeln sich normal. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben an SLE erkranken ist nur sehr gering.


 
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